Keine Reihenuntersuchungen zu Forschungszwecken!

CBP und BeB fordern verbindliche Regelungen für Menschen mit Behinderung und befürchten negative gesellschaftliche Folgen

Berlin, 27.2.2020 – Der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. (CBP) und der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Gefahren gendiagnostischer Untersuchungen zu Forschungszwecken hingewiesen und fordern verbindliche Regelungen für Untersuchungen des Erbguts von Menschen mit Behinderung. Hintergrund ist die Neufassung einer Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Reihenuntersuchungen gemäß Gendiagnostikgesetz (GenDG).

Der Entwurf der Richtlinie stellt klar, dass genetische Untersuchungen zu Forschungszwecken nicht dem Anwendungsbereich und dem Schutz des GenDG unterfallen. Doch auch außerhalb dieses Gesetzes sind Regelungen für den Schutz von Patienten, insbesondere von Menschen mit Behinderung, erforderlich, um die rechtlichen und ethischen Probleme der gendiagnostischen Forschung zu lösen. Hier besteht nach Auffassung von BeB und CBP dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Denn jede Untersuchung genetischer Daten stellt einen intensiven Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Aus diesem Grund muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse an gendiagnostischen Untersuchungen und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht erfolgen, um den Schutz der betroffenen Personengruppen zu gewährleisten. Insbesondere für Menschen mit Behinderung ist es wichtig, dass bei allen genetischen Untersuchungen detaillierte Regelungen und Voraussetzungen für die Aufklärung und Einwilligung geschaffen werden.

Nach dem GenDG ist eine genetische Reihenuntersuchung zu medizinischen Zwecken nur zulässig, wenn sie für die betroffene Person mit einem potentiellen Nutzen verbunden, also der Ausbruch der zu diagnostizierenden Erkrankung vermeidbar oder zumindest behandelbar ist. Die Anforderungen an die Durchführung sollen durch die Richtlinie näher bestimmt werden, bestehende Unklarheiten führen jedoch zu Rechtsunsicherheit und gefährden die Sicherstellung des o.g. Interessenausgleichs. BeB und CBP hätten sich von der Richtlinie erhofft, dass die GEKO konkrete Anforderungen an die Reihenuntersuchungen benennt, unbestimmte und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe des GenDG konkretisiert und Unklarheiten in der Verordnung selbst bereinigt, um eine größtmögliche Rechtssicherheit in der Praxis und der Arbeit des Rechtsanwenders zu gewährleisten.

Langfristig befürchten die beiden konfessionellen Fachverbände negative Folgen für Menschen mit Behinderung, indem durch die medizinische Forschung der gesellschaftliche Erwartungsdruck wächst, Kinder mit Behinderung nicht mehr zur Welt zu bringen. Dies wird Einrichtungen und Diensten für Menschen mit Behinderung bereits jetzt von Eltern mit einem Kind mit Behinderung (insbesondere mit Trisomie 21) zurückgemeldet.

Der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. (CBP) bildet mit mehr als 1.000 Mitgliedern, die Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe betreiben, eine der größten Interessenvertretungen der gemeinnützigen Anbieter der sozialen Dienstleistungen für über 200.000 Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit Behinderung oder mit psychischer Erkrankung in Deutschland. Der CBP ist ein anerkannter Fachverband im Deutschen Caritasverband. Die Mitglieder des CBP tragen die Verantwortung für über 94.000 Mitarbeitende und unterstützen die selbstbestimmte Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft.

Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) unterstützt und begleitet als Zusammenschluss von über 600 evangelischen Einrichtungen, Diensten und Initiativen Menschen mit geistiger, seelischer, körperlicher oder mehrfacher Behinderung und deren Angehörige. Als einer der Fachverbände für Menschen mit Behinderung sieht er seine zentrale Aufgabe in der Wahrnehmung ihrer Interessen und Rechte in einer sich stets wandelnden Gesellschaft. Als Interessenvertretung arbeitet der BeB daran, die gesellschaftlichen und sozialpolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern, die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen in ihrer Vielfalt zu fördern sowie umfassende Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung zu realisieren.

Diese Pressemitteilung wird von den Pressestellen des CBP und des BeB versandt. Doppelsendungen bitten wir zu entschuldigen.

Pressekontakt: 

Dr. Thomas Schneider

Politische Kommunikation/PR
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB)

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Pressemitteilung vom 27. Februar 2020