Stellungnahme zur geplanten Einrichtung eines Deutschen Ethikrats

Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) kritisiert gemeinsam mit den anderen Verbänden, die das Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft (IMEW) tragen, das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Einrichtung des Deutschen Ethikrats. Der BeB und die anderen Träger sprechen sich dagegen für ein transparent arbeitendes Gremium der medizin- und bioethischen Politikberatung aus, das direkt beim Deutschen Bundestag angesiedelt und durch diesen unmittelbar und vollständig legitimiert ist.

Neue Entwicklungen in Medizin und Biologie führen immer wieder zu tief greifenden ethischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Kontroversen, die den Gesetzgeber herausfordern. Deshalb ist es unbestritten, dass es einen großen Bedarf an Politikberatung in diesem Feld gibt. Dafür müssen natürlich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Mitte Juli brachte die Bundesregierung den Entwurf des Gesetzes zur Einrichtung eines Deutschen Ethikrates auf den Weg. Der BeB und die anderen Träger des IMEW üben daran aus verschiedenen Gründen Kritik. Die intensiven öffentlichen Debatten über medizin- und bioethische Fragen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass tragfähige und demokratische Entscheidungen des Gesetzgebers nicht auf Empfehlungen, die ein Expertengremium hinter verschlossenen Türen erarbeitet hat, sondern auf den Ergebnissen transparenter, lebendiger und vielstimmiger Diskussionen in Beratungsgremien und in der Öffentlichkeit aufbauen müssen.
Zudem ist tragfähige Gesetzgebung in diesem Bereich auf die intensive parlamentarische Auseinandersetzung mit medizin- und bioethischen Problemfeldern im Austausch mit der Öffentlichkeit angewiesen. Ein Ethik-Beratungsgremium kann daher nur an das direkt gewählte Parlament angebunden sein.
Medizin- und bioethische Kontroversen durchziehen alle gesellschaftlichen Gruppen und politischen Lager. Deshalb muss die Zusammensetzung eines Beratungsgremiums von allen im Parlament vertretenen Fraktionen bestimmt werden. Nur so kann der Vielfältigkeit von Positionen, Perspektiven und Betroffenheiten in der Gesellschaft Rechnung getragen werden.
Weiterer Kritikpunkt: Betroffene und interessierte Bürgerinnen und Bürger wollen nicht lediglich informiert werden, sie wollen sich an den Diskussionen beteiligen. Ein Beratungsgremium muss daher in öffentlichen Veranstaltungen und Anhörungen dies ermöglichen.
Außerdem vertreten sich betroffene Menschen über ihre zivilgesellschaftlichen Organisationen auch in europäischen und internationalen Zusammenhängen selbst. Ein „Deutscher Ethikrat" als reines Beratungsgremium ist nicht legitimiert, „deutsche Positionen" zu medizin- und bioethischen Fragen zu vertreten.
Fazit des BeB: Ein beim Deutschen Bundestag angesiedeltes Beratungsgremium muss jederzeit transparent arbeiten, die vielfältigen Positionen in der Gesellschaft repräsentieren und Interessierte sowie Betroffene aktiv in die Beratungen einbeziehen.  

Die Träger des IMEW:
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe
Arbeitsgemeinschaft Spina bifida und Hydrocephalus
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen
Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland
Sozialverband VdK Deutschland
Verband für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit

Dem BeB gehören derzeit 275 Rechtsträger mit mehr als 600 Einrichtungen der evangelischen Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie in Deutschland an. In diesen Einrichtungen und Diensten werden gegenwärtig mehr als 100.000 Menschen aller Altersstufen, Behinderungsgrade und Behinderungsarten (geistig, seelisch, körperlich, mehrfach behindert) gefördert, unterrichtet, begleitet, gepflegt, versorgt, beruflich qualifiziert, beschäftigt.
Die Angebotsformen umfassen Wohnheime, Sonderschulen, Fachkrankenhäuser, Rehabilitations- und Kurkliniken, Werkstätten für behinderte Menschen, Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke, Sonderkindergärten, Tagesstätten, ambulante Dienste, Beratungs- und Therapiezentren, Sozialpsychiatrische Diensten und Übergangseinrichtungen. Weiterhin gehören dem Bundesverband rechtlich selbständige Vereinigungen und Selbsthilfegruppen an, die, wie auch die oben genannten Einrichtungen, unter anderem den Angehörigen behinderter oder psychisch kranker Menschen Hilfen anbieten. 

Kontakt:
Rolf Drescher
Geschäftsführer
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.
Altensteinstraße 51
14195 Berlin
Tel: 030 / 83001 - 270, Fax: 030 / 83001 - 275, E-Mail: info@beb-ev.de

www.beb-ev.de
www.beb-einmischen.de                                                     

Die Stellungnahme der neun Trägerverbände des IMEW finden Sie in der Rubrik Sozialpolitik.