Chancen und Risiken des geplanten Bundesteilhabegesetzes

Anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai 2016 begrüßen die Diakonie Deutschland und der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB), dass es durch das geplante Bundesteilhabegesetz zu einem längst fälligen Systemwechsel bei den Leistungen für Menschen mit Behinderung kommen soll. Dieser besteht darin, dass die Eingliederungshilfe im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention reformiert, aus der Sozialhilfe herausgelöst und zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt wird. Seit der vergangenen Woche liegt der Referentenentwurf für das geplante Gesetz vor.

Mit dem Bundesteilhabegesetz werden die Leistungen für Menschen mit Behinderung völlig neu geordnet. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Chancen und Risiken: "Menschen mit Behinderung werden künftig besser beraten - und die Verfahren bei den Sozialämtern und Sozialversicherungen werden transparenter. Aber wir befürchten Lücken bei den Leistungen", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Besonders aufmerksam wird die Diakonie Deutschland die Veränderungen für chronisch psychisch kranke Menschen verfolgen, die möglicherweise nicht mehr im heutigen Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten werden.

Für den Bundesverband evangelische Behindertenhilfe signalisiert sein Vorsitzender Uwe Mletzko (Innere Mission Bremen) großen Klärungsbedarf bei den Regelungen für die Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe: "Um selbstbestimmt leben zu können, brauchen Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung qualifizierte Dienste und Einrichtungen. Die vorgesehenen Kostensenkungs- und Kontrollmaßnahmen der Sozialämter sind unsinnig und gefährden fachlich gute Arbeit."

"Der Maßstab für das Bundesteilhabegesetz ist die UN- Behindertenrechtskonvention, und oberstes Ziel muss sein, dass die Leistungen für Menschen mit Behinderung wirklich verbessert werden", so Loheide und Mletzko. "Insbesondere bei der Aufteilung der bisherigen Sozialhilfeleistungen auf die Grundsicherung und die neue Eingliederungshilfe sind viele Fragen noch ungeklärt. Hier muss der Gesetzgeber noch nachbessern - auch damit es nicht, wie nach Hartz IV, zu unzähligen Gerichtsverfahren kommt."

In Deutschland leben über 10 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Rund 7,5 Millionen Menschen sind schwerbehindert (Quelle: Statistisches Bundesamt 2013). Unter ihn sind ca. 700.000 Menschen erheblich behindert. Sie benötigen Hilfen beim Wohnen und Arbeiten und bei der Beteiligung am gesellschaftlichen Leben.

Die Diakonie hat 3.719 Angebote für Menschen mit Behinderung mit insgesamt 151.646 Plätzen (Quelle: Einrichtungsstatistik der Diakonie Deutschland 2014). Dazu zählen 1.492 Wohnheime und andere stationäre Angebote, 1.160 teilstationäre Angebote für Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung sowie 968 Beratungsstellen und ambulante Dienste. Darüber hinaus gibt es 52 Fachschulen der Behindertenhilfe und 47 Selbsthilfegruppen und Organisationen freiwilligen Engagements in der Diakonie.

Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB) ist ein Fachverband im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung. Seine rund 600 Mitgliedseinrichtungen halten Angebote für mehr als 100.000 Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung aller Altersstufen bereit. Damit deckt der BeB wesentliche Teile der Angebote der Behindertenhilfe sowie der Sozialpsychiatrie in Deutschland ab. Als Zusammenschluss von evangelischen Einrichtungen, Diensten und Initiativen fördert, unterstützt und begleitet der BeB Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung und deren Angehörige und wird selbst durch zwei Beiräte aus diesen Interessengruppen kritisch begleitet.

Weitere Informationen zum Bundesteilhabegesetz finden Sie im Thema kompakt der Diakonie und auf der Projektseite des BeB.

Pressekontakt:

Dr. Thomas Schneider
Politische Kommunikation/PR
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB)

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BeB-Pressemitteilung zum Bundesteilhabegesetz vom 4.5.2016